LEHRER LÄMPEL: FALLFEHLER UND DEPPENAPOSTROPH
Hier kommt Lehrer Lämpel!
Mit wachem Blick auf den heutigen Sprachgebrauch greift er Unsicherheiten und Ungenauigkeiten auf. Er klärt, korrigiert und kommentiert und möchte gemeinsam mit Ihnen darüber nachdenken, wohin unsere Sprache geht und wohin sie gehen soll.
Im folgenden Text geht es um heikle Fallendungen und um eine Unart, die mittlerweile in manchen Fällen von Duden gebilligt wird. |
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Fallfehler und Deppenapostroph
(aus Lehrer Lämpels Unterlagen für eine frühere Lektion)
Beispiele aus der Fehlersammlung:
Die gute Gesundheit des Jubilaren erstaunte die Anwesenden.
Zuerst begrüsste der Vorsitzende den Dirigent des Stadtorchesters.
Die Grösse dieses Komets hat Schrecken erregt.
Bestimmt haben unsere Leser die Fallfehler in den vier Sätzen gleich bemerkt. Viele Zeitgenossen haben jedoch Mühe mit der Deklination der Fremdwörter, entsprechende Fehler hört man heute auch im Radio und im Fernsehen. Überhaupt scheinen Grammatik und grammatikalische Begriffe immer mehr zur Geheimwissenschaft zu werden, von der selbst jüngere Akademiker anderer Fachgebiete kaum noch etwas wissen. Dies habe ich beispielsweise in der beliebten Fernsehsendung „Wer wird Millionär“ beobachten können.
Um noch einmal auf die Deklination (Beugung) der Substantive (Nomen, Hauptwörter) zurückzukommen, möchte ich in Erinnerung rufen, dass es drei Arten gibt:
die Nulldeklination (zB. die Liebe), die s-Deklination (das Fenster) und die n-Deklination (der Mensch).
Die meisten Fremdwörter, die Personen oder Sachen bezeichnen, gehören der n-Deklination an. Ausnahmen bilden Fremdwörter, die auf -ar und
-or enden. Für sie gilt ausschfleslich die s-Deklination. Also das Büro des Direktors, das Fachgebiet des Archivars.
Eine leidige Angelegenheit ist auch der Gebrauch des Apostrophs.
Der deutsche Name dafür, das Auslassungszeichen, würde eigentlich klar aussagen, wozu er verwendet wird, einen weggelassenen Buchstaben. Aber so einfach ist die Sache dennoch nicht. Wir sollten vom Schulunterricht her zwar wissen, dass der Apostroph für die Verkürzung von es gesetzt wird (freut’s dich?), nicht aber für die Verschmelzung von bestimmtem Artikel mit der vorangehenden Präposition. Die zu Recht umstrittene neue Rechtschreibung bringt hier eine Vereinfachung: In beiden Fällen kann der Apostroph nun weggelassen werden, wobei es dem Schreibenden freigestellt ist, noch die alte Regel zu verwenden.
Allerdings sieht man immer wieder absolut falsche Wendungen wie Werkzeuge für‘s Haus usw. Beim Genitiv-s wird – im Gegensatz zur englischen Sprache – grundsätzlich kein Apostroph gesetzt. Allerdings gestattet der Duden neuerdings, zur Verdeutlichung der Grundform eines Namens den Apostroph zu setzen.
Das Deppenapostroph: Was viele falsch machen, ist in der neuen Rechtschreibung und demgemäß nach Duden nicht mehr immer falsch:
Nach wie vor falsch, selbst nach Duden und der neuen Rechtschreibung. |
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Heute unter Umständen - "zur Verdeutlichung der Grundform eines Namens" - erlaubt. |
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So haben wir uns inzwischen an "Otto‘s Warenposten" gewöhnt, aber "Minister Müller’s" Rede würde uns stören. - Ganz unsinnig ist es indessen, den Apostroph vor einem Mehrzahl-s zu gebrauchen, also bitte nicht Pin‘s, Leica’s.
Mitteilungen 3+4/2006, S. 22-23. |